Die Einleitung aus dem Buch " DIE EISYACHT" von Erick von Holst,
aus dem Jahr 1925 Berlin / Verlag Klasing & Co
Seine Anfänge mögen wohl recht weit zurückreichen, denn überall, wo die klimatischen Verhältnisse die Bildung einer mehr oder weniger beständigen Eisfläche ermöglichen, ist wohl auch der Segelschlitten von den ansässigen Bewohnern zunächst als gewerbsmäßiges Verkehrsmittel, wenn auch meist in recht geringem Maße, benutzt worden. Als Sport hat sich das Eissegeln erst viel später entwickelt und wenn wir auch seine Anfänge vereinzelt im alten Holland, wie vielleicht auch anderswo noch antreffen mögen, so ist doch Amerika das Land, wo es sich zuerst in beachtenswerterem Umfange entwickelt hat. der Eissegelsport ist nun ganz besonders von den klimatischen Verhältnissen abhängig und es gibt keineswegs viele in Betracht kommende Gegenden, in denen ein strengerer Winter mit geringeren Niederschlägen günstige Verhältnisse zu seiner Entstehung bietet. Wo die Eisdecke sich nur auf kurze Zeit, oder nicht einmal jedes Jahr bildet, kann natürlich kein großes Interesse für den Sport entstehen. Dadurch ist auch seine verhältnismäßige geringe Verbreitung zu erklären, die sich zunächst nur auf klimatisch besonders begünstigte Gegenden erstreckt.
Den Umfang und die Qualität des Sportes betreffend, steht nächst Amerika, das zweifellos die erste Stelle einnimmt, und Canada - in Europa ist Schweden an der Spitze, welches in dieser Hinsicht vieles aus Amerika übernommen hat.
Erich von Holst (1894-1962)
Im weiteren ist Deutschland zu nennen, wo es auf den Haffs in Ostpreußen, besonders rege auf den Seen der Umgebung Berlins, wie auch auf den südlichen Seen in Bayern und Österreich betrieben wird. Auch in Dänemark macht der Eissegelsport neuerdings augenscheinlich große Fortschritte. Schließlich wäre auch noch England zu nennen, von wo man auch über Eissegelsport gehört hat.
Über die Entwicklungsgeschichte dieses Sportzweiges ist eigentlich so gut wie nichts bekannt. Sie beschränkt sich so ziemlich auf das vorstehend Gesagte. "
Quelle:" Die Eisjacht Band XVIII"
Bibliothek der Sporthochschule Köln
Eissegeln als Fortbewegungsmittel,
ist und war nur möglich in Gegenden in denen Klimatischen Verhältnisse, kalte Wintermonate, Seen und Flüsse im Eis erstarren ließen.
Aber wer waren die ersten - und wann, auf dem Eis, das ist Schwer zu belegen.
Vielleicht kannten gar schon die Wikinger, im Frühmittelalter (800 bis 1050) in ihrer Zeitperiode, das segeln auf dem Eis? Die Voraussetzungen dafür waren ja vorhanden. Sie kamen aus dem kalten Nord- Ostseeraum, sie waren Bauern, Händler, hervorragende Handwerker und Seeleute, sie beherrschten die Kunst des Schertschmiedens und die des Schiffbaus.
Ihre Boote mit Klinkerbeplankung und geringen Tiefgang konnten auf offener See kreuzen, per Ruder Flüssen befahren und kurze Strecken, auf Rollen gezogen, über Land transportiert werden. Ihre Schmiedekunst könnte sie auch in die Lage versetzen Kufen für einen Eissegler herzustellen.
Aber wie gesagt : ! das ist alles eine reine Spekulation und nicht bewiesen!!
Erst einige Jahrhunderte später sehen wir auf alten Gemälde Holländischer Meister Segelboote die auf Holzgestellen gesetzt, mit Lasten oder Personen beladen, über das Eis gleiten.
David Vinckboons "Landschaft mit Eisläufer" um 1610
" Wenn es eine überwältigende Bedingung gibt, die die Geschichte des 17. Jahrhundert mehr als jede
andere bestimmte, dann ist es die globale Abkühlung. Während der anderthalb Jahrhunderte zwischen
1550 und 1700 sanken die Temperaturen auf der ganzen Welt, nicht kontinuierlich oder ständig, aber
kälter wurde es überall. In Nordeuropa fiel der erste wirklich kalte Winter der später sogenannten Kleinen Eiszeit in die Monate zwischen 1564 und 65. Im Januar 1565 schuf der große Maler der einfachen Leute der Niederlande, Pieter Bruegel der Ältere, seine erste Winterlandschaft.
Sie zeigt Jäger im Schnee und Menschen , die auf dem Eis spielen.
Pieter Bruegel der Ältere 1565, Kunstmuseum Wien
Bruegel mag gedacht haben, er schildere eine Besonderheit, die sich so schnell nicht wiederholen werde, aber genau das geschah. In den folgenden Jahren malte er mehrere winterliche Szenen und führte so das Motiv der Winterlandschaft in die Malerei ein. Vermeer malte keine Schlittschuhszenen, aber wir wissen , daß er 1660 von einem Delfter Segelmacher ein Eisboot mit Segel kaufte, für das er die beträchtliche Summe von 80 Gulden bereit war zu zahlen.
Der Zeitpunkt war allerdings nicht gut gewählt, denn die Kanäle Hollands froren in den folgenden zwei Wintern nicht zu. Dann kehrte die Kälte zurück. "
Quelle: Timothy Brook aus dem Buch Titel: Vermeers Hut
"Das 17. Jahrhundert und der Beginn der globalen Welt"
Adrian Pieterz van de Venne (1589-1662) " WINTER "1614 Gemäldegalerie Berlin
1550 bis 1650 war das "Goldene Zeitalter" in der Geschichte der Niederlande. Die Blütezeit für Kunst und Kultur. In keiner anderen Periode wurden so viele Gemälde von Malern produziert, bis zu ca 70.000 Bilder pro Jahr!!
Ein beliebtes Motiv waren auch Winterlandschaften mit Eisseglern.
"Lorenzo Magalotti wurde am 13 Dezember 1637 in Rom geboren, und starb am 2 März 1712 in Florenz. Von 1667 bis 68 reiste er durch Europa, anschließend 1671 bis 74 durch Flandern und England. 1674 nach Ende des Friedenskongress in Köln besuchte er Schweden. Dort entstand das Manuskript "Notizie di Svezie" Diese Notizen wurden in Florenz verwahrt und erst 1912 unter dem Titel "Schweden 1674" veröffentlicht. Magalotti reiste als Diplomat für den Großherzog von Florenz, Casimo de Medici III."
Quelle : Wikipedia
Zeichnung aus der Reisebeschreibung "Schweden1674"
Die untere Bildhälfe zeigt die Steueranordnung
Vom Transportmittel zum Funsport
Holländische Siedler brachten vermutlich im 18 Jahrhundert das Eissegeln in die Neue Welt (Amerika) nach Neu Amsterdam (New York). Hier wurde dann aus dem Lasten- und Personen Transport später die neue Lust am Eissegeln entdeckt. Von dort gelangte die neue "Funsportart" wieder zurück nach Europa und nahm hier einen eigenen Verlauf.
Schon um 1830 benutzten Leuchtturmwärter, im Ostseeraum, im Winter Segelschlitten um ihren Leuchtturm vom Festland zu erreichen. Der Oberfischmeister, vom Kurischen Haff, Erst Wilhelm Beerbohm (1786-1865) aus Fellendorf machte im Winter jagt auf Fischräuber mit dem Eissegler!
Wettrennen auf dem Hudsonriver, Eissegler schlägt den Schnellzug von New York-Chicago
Holzstich von 1871
Durch die räumliche Trennung der beiden Kontinente Europa- Amerika entwickelten sich unterschiedliche Eissegler Klassen!
In Amerika und Canada segelte man mit "Big Boats" Stern Steerer (klassische Großyachten der Jahrhundertwende), Renegade, Nite, Skeeter und Scooter.
In Europa segelte man ebenso mit großen Eisseglern deren Entwickler und Konstrukteur Erik von Holst (1894-1962) war. Dies waren die Monotypklassen XV (ein zweisitziger Segler 15qm), XII 12qm, X 10 qm, die noch heute in Schweden, Holland, Polen, Estland, Lettland und Deutschland gesegelt werden.
Titel: Unter Segel auf dem Eis
Die Eisjacht "Snow Squall" auf dem Hudsonriver 1879 in Canada
Aus der Wochenzeitschrift "NUTIDEN" vom 2. März 1879 Malmö Schweden
Titel: Danziger Bucht 1888
Original Zeichnung von Franz Kollarz
1913 wurden Versuche von Stockholm, Riga und Petersburg unternommen eine Internationalisierung der Eisseglerverbände in Europa zu schließen. Auch Deutschland war stark daran Interessiert, jedoch Revolution und der beginn des 1.Weltkrieges machten diesen Bemühungen ein Ende.
In den 20ziger- und 30ziger Jahren war Ostpreußen die Hochburg des Eissegelsports in Deutschland. Die jährlich stattfindenden Eissegelwochen in Angerburg am Schwenzaitsee lockten hunderte von Besuchern zur Jägerhöhe. Die Segelhelden dieser Epoche waren Erik von Holst, Markus Joachim Tidick, Paul Poppeck und Georg Tepper (1897-1978). Der aus Angerburg stammende Georg Tepper war Entwickler und Konstrukteur seiner Rennyachten, die er auf seiner Werft (ein Sägewerk) in Ogonken (ab 1939 Schwenten) baute. Als merfacher Deutscher- und Europameister in der freien Klasse (nur die Segelfäche war vorgeschrieben) waren seine Konstruktionen der Zeit weit voraus! Sein Schlitten "Silberstreifen IV" hatte einen doppeltes Lenkrad zur Steuerung der vorderen Kufe- eine kleine Sensation in der Eissegelwelt.
Georg Tepper mit seinem Silberstreifen IV
im Bild die Doppellenkung
Er war einer der ersten die mit starren Segelprofilen experimentierte, die futuristischen Tragflächen stammten aus dem Flugzeugbau.
1940 Der Berliner Volz mit seinem Feuervogel
Durch die Zusammenarbeit mit der Flugzeugindustrie bei der Entwicklung neuer Eissegelyachten bestand auch ein militärisches Interesse an diesen schnellen Wintertransportmittel. In beiden Weltkriegen wurden Eissegler im Ostseeraum als Patrouillenboote mit Bewaffnung für Spähtrupps eingesetzt. Ebenso benutzen einige einen Eissegler am Ende des Krieges im Winter 1944/45 zur Flucht, von Ostpreußen nach Westen, vor dem Einmarsch der Russen, über das Kurische- und Frische Haff sowie an der Küste der Ostsee entlang.
Deutscher Spähtrupp 1937 im Osten
https://www.klaus-kramer.de/Schiff/Eissegeln/Eis1_top.html
Finnischer Spähtrupp 1940
Russischer Soldat an seinem Eissegler 1941 in der nähe von Leningrad am Ladogasee
Um den Eissegelsport in den Staaten populärer zu machen wurde in der Tageszeitung Detroit News 1936 zu einem Wettbewerb aufgerufen mit dem Kriterium einen Eissegler zu entwerfen. Dieser sollte leicht zubauen und zu transportieren sein, ebenso leicht zu segeln und natürlich kostengünstig in der Herstellung sollte er auch sein!
Der Sieger war ein Model Namens "Blue Streak 60", gebaut vom Schreinermeister Archie Arrol und den beiden Eisseglern Joseph Lodge, Norm Jarrait.
Archie Arrol beim Bauen in seiner Werkstatt
Die beiden Konstruktionszeichnungen von1936 der Blue Streak 60
Das Neue und Revolutionierende was das an diesem Model die Steuerkufe vorne war. Diese Eisjacht bekam später den Namen DN (Detroit News) und ist auf beiden Kontinenten eine Rennklasse, mit Internationalen Verbänden und Regeln, in der bis heute Nationale, Europa- und Weltmeisterschaften Ausgesegelt werden.
Blue Streak 60 am Lake St. Clair 1936
Die Eissegelregatten werden nach ähnlichen Maßstäben organisiert und durchgeführt, wie Regatten auf dem Wasser. Es werden sogenannte Up- und Down-Kurse gesegelt, das heißt, der Start erfolgt genau gegen den Wind zu einer Wendemarke in Luv (dem Wind zugekehrte Seite) und dann zu einer Leemarke (dem Wind abgekehrte Seite), die dicht in Luv der Startlinie liegt. Nach einer festgelegten Zahl der Runden dieser Marken, folgt der Zieleinlauf über die Startlinie.
Ein bedeutender Unterschied auf dem Wasser ist, dass beim Eissegeln die Starter an der Startlinie stehen. Beim Startschuss schieben die Piloten ihre Boote an, um sie zu beschleunigen und steigen erst ein, wenn das Boot eine Geschwindigkeit erreicht hat, bei der das Segel selbst genügend Vortrieb liefert. Der vom Segeln auf dem Wasser bekannte fliegende Start ist beim Eissegeln nicht nötig, da die Piloten ihre Boote auf dem Eis festhalten können.
Durch den Windsurfing Boom 1970 / 80 konnte sich die Eissegler Klasse ISABELLA einen regen
Zuspruch bei den in die Jahre gekommenen Surfern erfreuen. Die Idee, des Erfinders Bernd Stümer aus Schweden, einen einfachen Eissegler selbst zubauen mit dem kompletten Rigg eines Windsurfers hat der Isabella Klasse zu Weltweitem Zuspruch verholfen und somit auch zur größten (nicht organisierten) Eissegler Klasse.
Die Jagd nach Geschwindigkeit
Zu Anfang lieferten sich Eissegler in Amerika und Canada spannende Zweikämpfe im Winter mit Zügen deren Gleise parallel zum Fluss verliefen. Auf Seen maßen sie sich mit Autos und Motorräder wer der schnellste war. In den Geschichtsbücher der Recorde auf dem Eis steht der bis heute angezweifelte Record von 1938 der Eisjacht "Debutante", ein Schlitten aus der Big Boat Klasse. Aufgestellt am Lake Winnebago in Winconsin, mit Kaptän John D Buckstaff aus Oshkosh am Steuer.
143 mph = 229 kmh, bei einer Windstärke von 115 Stundenkilometer (Windstärke 11 Bft Orkanartiger Sturm). Wenn man das Bild unten genau betrachtet, sieht man die Besatzung hinten liegend auf diesem Monster von Eissegler. Wie die Geschwindigkeit gemessen wurde ist nicht bekannt, aber 200 kmh auf diesem Gefährt wären ein Ritt auf der Rasierklinge!
Recordhalter " Debutante" mit Besatzung 1938 am Lake Winnebago
Offiziell gemessen per GPS gilt der seit 2009 aufgestellte Record von 135 kmh, von einem Skeeter (Eissegelklasse), am Lake Wallenpaupack in Pennsylvania USA, der seitdem gejagte wird.
Richard Jenkins mit seinem futuristischem Projekt "Greenbird" versucht bis heute, am Canyon Ferry Lake in Montana USA, vergebens diesen zu brechen.
https://www.greenbird.co.uk/ice-record
Richard Jenkins "Greenbird", Nevada Februar 2008
Für einen Geschwindigkeitsrecord muss vieles passen!!
1. große Spiegelblanke Eisfläche
2. keine Schneeauflage
3. Wind, passend in Stärke und Richtung
Bis zum neuen Record TOI, TOI, TOI
Vielen Dank an das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg für Ihre Hilfe mit INFO Material.